Über die SIPE (2003)
Societas luris Publici Europaei
Im April 2003 ist in Frankfurt am Main die Societas luris Publici Europaei e.V. [SIPE] gegründet worden. Die Gründung geht zurück auf eine Initiative der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, die auf ihrer Würzburger Tagung im Oktober 2001 eine frühere Anregung aufgenommen und eine entsprechende Initiativkommission eingesetzt hatte. Diese organisierte im Zusammenhang mit der St. Gallener Staatsrechtslehrertagung im Oktober 2002 eine Vorgründungsversammlung, an der auch zahlreiche ausländische Professoren des öffentlichen Rechts teilnahmen. Die Vorstellungen der Initiativkommission wurden ausführlich erörtert, die Idee, eine europäische Vereinigung für öffentliches Recht zu gründen, wurde gutgeheißen und Maßgaben für eine zu entwerfende Satzung wurden festgelegt. Die unter dem Einfluß des europäischen Rechts stehenden nationalen Rechtsordnungen des öffentlichen Rechts müssen mit vielen gemeinsamen Problemen fertig werden. Die immer stärker werdenden Einwirkungen des europäischen Rechts auf die nationalen Rechtsordnungen bedürfen sowohl unter europarechtlichen als auch unter nationalrechtlichen Gesichtspunkten einer stabilen und kontinuierlichen wissenschaftlichen Analyse und Würdigung. Das Ziel ist eine europäische Rechtswissenschaft des öffentlichen Rechts. Diese wird befruchtet durch Rechtsvergleichung und Herausarbeitung einheitlicher Rechtsgrundsätze. Insoweit müssen die schon bestehenden europarechtlichen Vereinigungen, bilateralen Juristenvereinigungen und internationale ad-hoc-Kolloquien ergänzt werden. Außerdem werden die regelmäßigen Tagungen der neu gegründeten Societas engere persönliche Verbindungen schaffen und damit die Kontinuität des Gedanken- und Erfahrungsaustausches fördern. Dadurch werden die Kenntnis und das Zusammenwachsen der nationalstaatlichen Rechtsordnungen gefördert.
Nach ihrer Satzung hat die Societas die Aufgabe, Fragen des öffentlichen Rechts in Europa unter Einschluß seiner Wirkung auf das gesamte Recht wissenschaftlich zu erörtern und zu klären. Die ursprüngliche Idee, die Wirksamkeit des Vereins auf das Verfassungsrecht zu beschränken, ist verworfen worden. Die Wichtigkeit des Verfassungsrechts im Rahmen des öffentlichen Rechts kommt aber in der Aufgabenbestimmung dadurch zum Ausdruck, daß die Wirkung auf das gesamte Recht - damit ist die des Verfassungsrechts gemeint - ausdrücklich hervorgehoben wird. Mitglied der SIPE kann werden, wer sich wissenschaftlich mit dem öffentlichen Recht beschäftigt und dies insbesondere durch herausragende Veröffentlichungen nachgewiesen hat. Gedacht ist in erster Linie an hauptamtliche Hochschullehrer und habilitierte Dozenten des öffentlichen Rechts, aber auch an herausgehobene Praktiker des öffentlichen Rechts mit entsprechenden Veröffentlichungen. Es findet ein Aufnahmeverfahren statt, das durch Vorschlag von mindestens drei Mitgliedern der SIPE eingeleitet wird. Die SIPE hält mindestens alle zwei Jahre eine Mitgliederversammlung ab, die mit einer wissenschaftlichen Tagung zu verbinden ist. Die Verhandlungssprachen sind deutsch, englisch und französisch. Die Sprache des Tagungsortes ist auch Verhandlungssprache, wenn eine Übersetzung in eine der drei genannten Sprachen gewährleistet ist. Die Satzung in den drei Verhandlungssprachen ist zusammen mit einem Verzeichnis der Mitglieder und weiteren Informationen über die Societas luris Publici Europaei ins Internet (www.sipe-eu.de) gestellt.
Der Vorstand besteht satzungsgemäß aus mindestens fünf und höchstens sieben Mitgliedern, wobei auf regionale Ausgewogenheit zu achten ist. Die Mitglieder des Vorstandes werden auf vier Jahre gewählt, grundsätzlich dürfen sie nur einmal wiedergewählt werden, während der Präsident nicht wiedergewählt werden darf. Die Gründungsversammlung wählte folgende Personen in den Vorstand: Hartmut Bauer (Dresden) als Generalsekretär, Pedro Cruz Villalon (Madrid), Antonio D'Atena (Rom), Constance Grewe (Straßburg), Julia Iliopoulos-Strangas (Athen), Heinz Scbäffer (Salzburg) und Christian Starck (Göttingen) als Präsident. In vier Jahren wird Gelegenheit bestehen, die regionale Zusammensetzung des Vorstandes nach Osteuropa oder England zu erweitern.
Die erste Tagung der SIPE wird auf Einladung der griechischen Gründungsmitglieder in der Zeit vom 22. bis 25. Juli 2004 auf der Insel Kreta stattfinden. Das Thema der Tagung wird „Die Neue Europäische Union" sein: 1. Grundrechtsschutz in der Neuen Union, 2. Strukturen und Funktionsweise europäischer Eigenverwaltung in der Neuen Union.
Professor Dr. Christian Starck, Universität Göttingen
Quelle: JZ 18/2003, S. 570